Paul Gerhardt

Paul Gerhardt (1607 - 1676) ist einer der bedeutendsten deutschsprachigen Kirchenlieddichter.

 

"Wie kommt es eigentlich, dass nach 400 Jahren Texte von Paul Gerhardt offensichtlich noch immer den Ton der Menschen treffen?

 

Paul Gerhardt ist der evangelische Entdecker des »Ichs«. Vor seiner Zeit waren das »Wir« und die Gesamtheit der Kirche das Thema.  … 

Das dichterische »Ich« in Gerhardts Werken ist ausgesprochen differenziert. Er zeigt einen Menschen im Widerspruch, einen Menschen in Anfechtung. Und es ist ein Mensch, der in Momenten der Helligkeit nicht die Dunkelheit aus den Augen verliert – und umgekehrt. Denken Sie an Verse wie »Ich lag in dunkler Todesnacht, du warest meine Sonne«.

 

Es ist die Tragfähigkeit der Worte und Bilder, die ihn bis heute interessant machen. …

 

Oft haben seine Lieder etwas Prozesshaftes. Sie beschreiben einen inneren Weg, den man nachvollziehen kann. Und dabei tauchen immer wieder Bilder zum Wohlfühlen auf …

 

Gerhardt ist uns heute fast näher als den Christen vor 200 Jahren? Durchaus. Er verbindet Licht- und Schattenseiten des Lebens. Dabei gibt er keinen Weg vor, wie man aus dem Leid herauskommt, sondern lädt ein, seinen Weg mitzugehen. Diese Offenheit der Botschaft, ist – wenn man es denn so nennen will – sehr modern."

 

Aus einem Interview mit Professor Martin Lücker. Er lehrt an an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main und ist Organist an der  Frankfurter Katharinenkirche.